Die Schülerzeitung des Valentin-Heider-Gymnasiums

Digitale Zukunftsnacht

Wie kann man eine Idylle noch verbessern?

Apfelplantagen, die Insel und natürlich der Bodensee – das verbinden die meisten Menschen mit Lindau, einem Paradies am größten See Deutschlands, umrahmt von einem atemberaubenden Berg-Panorama und eines der beliebtesten Reiseziele der deutschen Bevölkerung mit jährlich etwa zweieinhalb Millionen Tagesgästen.

Doch wie überall, gibt es auch in unserer Stadt noch Dinge, die verbessert werden könnten. Der öffentliche Nahverkehr ist nicht immer zuverlässig, es gibt nicht genügend Freizeitmöglichkeiten und die meisten Läden sind durch den Tourismus überteuert. Diese Ansichten stammen nicht von Außenstehenden, sondern von jugendlichen Einwohnern, die diese am 27. und 28. April 2023 im Rahmen eines Workshops am VHG äußerten. Konzipiert wurde dies Veranstaltung von der Referentin Mirjam Schneider von der bayerischen Landeszentrale für politische Bildung, die vor Ort tatkräftig von Frau Prussas und Herrn Unger bei der Organisation und Durchführung unterstützt wurde. Insgesamt 18 Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe durften dabei mit Hilfe der Software „Minetest“ ihr ideales Lindau in einer virtuellen Welt erstellen und sich dabei auch näher mit der lokalen Kommunalpolitik auseinandersetzen.

Gerade der zweite Aspekt spielte hier eine wichtige Rolle, denn nach einer generellen Einführung in die bevorstehende „digitale Zukunftsnacht“, so der Name der Veranstaltung, folgte eine erste Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie hoch sie ihren persönlichen Einfluss auf Veränderungen in Lindau einschätzten. Diese fiel doch eher negativ aus. Daraufhin wurde im Workshop das Thema „Lokalpolitik“ aufgegriffen und von Mirjam Schneider anschaulich erklärt, wie diese in ihren einzelnen Bestandteilen funktioniert. In diesem Kontext wurden auch der Stadtrat Florian Nüberlin (FDP) und Theresa Berschl von der Offenen Jugendarbeit Lindau eingeladen, um näher zu bringen, was zu tun ist wenn man eine Beschwerde hat oder wenn man das Leben in Lindau aktiv mitgestalten möchte. Dabei konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren, dass die Stadt Lindau jährlich durchaus großzügig Gelder für konkrete Jugendprojekte zur Verfügung stellt, welche zudem recht unproblematisch beantragt werden können.

Im Anschluss begann die eigentliche Arbeitsphase. Zunächst wurde gemeinsam gesammelt, was in Lindau verändert werden könnte, beziehungsweise was junge Menschen momentan am meisten an ihrer Heimatstadt stört. In Kleingruppen wurden dann einzelne Aspekte aufgegriffen, so zum Beispiel Immobilien, Jugendzentren, Tourismus und sogar die eigene Schule, und mit Hilfe der App „Minetest“, die dem äußerst populären Spiel „Minecraft“ sehr stark ähnelt, kreativ bearbeitet. Dies passierte von 22 Uhr bis 2 Uhr morgens, denn der Name des Workshops, „digitalen Zukunftsnacht“, war Programm. Natürlich gab es dabei auch genügend Pausen und mehr als ausreichendem Proviant. Alle arbeiteten hart in diesen 4 Stunden um ihre Gedanken in eine virtuelle Realität umzuwandeln. Es kamen immer neue Ideen dazu, jede innovativer als die davor. Um 2 Uhr wurden dann die Server abgeschaltet und es hieß: „Ab ins Bett“, was in diesem Falle Isomatten und Schlafsäcke in leeren Klassenzimmern bedeutete, während die Schultoiletten als temporäres Badezimmer dienten.

Der mehr als verdiente Schlaf hielt allerdings nicht lange an, da es schon um 8 Uhr in der Frühe, nach einem nahrhaften Frühstück, wieder zurück an die Arbeit ging. Die einzelnen Gruppen präsentierten ihre Ergebnisse aus der vorherigen Nacht und erklärten was sie damit verändern wollten. Dabei kamen durchaus innovative Ideen heraus: Eine Schule mit einem Außenkino, ein Jugendzentrum erreichbar über einen bunten Weg, ein Hotel mit einem Unterwasser-Zoo und ein farbenfrohes Wohnviertel mit den verschiedensten Arten von Häusern. So sollte ein kreativeres, bunteres und aufregenderes Lindau aussehen. Getragen von den positiven Erfahrungen beim aktiven Gestalten änderte sich nun auch das subjektive Empfinden der Schülerinnen und Schüler. Sie hatten nun das Gefühl, doch etwas tun zu können um ein besseres Lindau für alle Bürger zu kreieren. Am Ende gab es noch eine Preisverleihung, bei der jedoch mehrmals von der Referentin betont wurde, dass das Ranking nicht entscheidend sei, da alle Ideen überzeugt hätten.

Doch auch hier endete das Projekt nicht, denn das VHG durfte am 20. Juni 2023 eine Delegation von Schülerinnen und Schülern mit den innovativsten Zukunftsideen zu einer zentralen Diskussionsveranstaltung ins Memminger Rathaus entsenden, wo sie zusammen mit Jugendlichen anderer Schulen ihre Vorschläge Lokalpolitikern aus ihrer Region vorstellen und diese für ihre Ideen begeistern konnten. Sie hatten dabei durchaus das Gefühl, gehört zu werden.

Viktoria Uellendahl | VHG News