Die Schülerzeitung des Valentin-Heider-Gymnasiums

Interview mit Herrn Streubert

Abschied unseres Schulleiters

Unser Schulleiter Herr Streubert wird das VHG am Ende des Schuljahres verlassen. Daher haben wir die Chance ergriffen, ihn vor seinem Abschied noch etwas besser kennenzulernen und haben mit ihm über seine Fächer Biologie und Chemie, seine Zeit am VHG und die Zukunft der Schule gesprochen.

Warum wollten Sie Lehrer und dann auch Schulleiter werden?

Das hat sich eigentlich zufällig so ergeben, weil man irgendwann neben seinem Unterricht auch noch andere Sachen macht, die einen interessieren. Und dann kommt man über die Bereiche an neue Stellen ran, wo man sagt, das ist eigentlich auch ganz interessant, weil Schule ja nicht nur aus Unterricht besteht, sondern auch aus Dingen drumherum. Das ein bisschen zu gestalten hat mir irgendwann Spaß gemacht. Lehrer bin ich durch Zufall geworden, weil meine älteste Schwester auch schon Biologie studiert hat. Zu dem Zeitpunkt gab es für Biologen ganz wenig Arbeitsplätze und ich wollte meinen Eltern nicht zumuten, den nächsten Arbeitslosen zu haben. Deswegen habe ich dann Biologie und Chemie fürs Lehrfach studiert, damit es ein bisschen bessere Berufschancen gibt.

Gibt es irgendwas Spezielles, was Sie an Biologie oder an Chemie interessiert?

Für mich erklärt Biologie alles. Wenn man Biologie verstanden hat, versteht man viele Sachen auf der Welt, denn alles, was wir als Menschen gestalten, gestalten wir als Lebewesen und wenn ich die Regeln für die Lebewesen kenne und nach welchen Gesetzmäßigkeiten sie sich verhalten, dann kann ich relativ viel erklären. Ob das jetzt Wirtschaftszyklen sind oder sonst irgendwas, das spiegelt sich alles auch in der Biologie wider. Das ist für mich das Interessanteste. In der Chemie arbeitet man mit Dingen, die man nicht sehen kann, die aber trotzdem ein super Modell haben, das viele Zusammenhänge erklärt. Das ist das, was mich an den Sachen damals noch nicht so fasziniert hat wie jetzt. Jetzt finde ich es noch viel besser als früher.

Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?

Ich bin gern draußen. Ob das jetzt Gartenarbeit ist oder Fahrradfahren oder Wandern. Ich bin ja eh die ganze Zeit hier in diesem Büro und dann bin ich gern draußen.

Was zeichnet das VHG als Schule aus?

Ich glaube schon, dass wir eine ziemlich gute Schulgemeinschaft sind. Wir haben tolle Schüler, die sich engagiert mit einbringen. Und die Lehrer begegnen euch auf Augenhöhe. Dass ist mit so ein Punkt, weshalb ihr euch gerne einbringt. Das finde ich wahnsinnig toll und das gefällt mir unglaublich gut hier.

Was halten Sie von der Atmosphäre hier?

Super. Ich könnte heulen, wenn ich gehe. Mir gefällt es hier sehr, sehr gut.

Welche Momente sind Ihnen während Ihrer Zeit hier besonders in Erinnerung geblieben?

Mein erster Schultag, als der Chor in der Pause für mich gesungen hat. Der erste Corona-Schließtag, wo ich mit Frau Gärber alleine hier in der Schule stand, weil die Schule zugemacht wurde. Das Sommerkonzert auf der hinteren Insel auf der Gartenschau, wo es geregnet hat und man unterm Schirm saß, ist mir auch noch sehr in Erinnerung geblieben. Ich kann mich aber tatsächlich auch an viele Situationen aus meinem Unterricht mit den Klassen erinnern. Das bleibt mir immer noch sehr in Erinnerung, weil ich auch gerne noch im Unterricht bin.

Was glauben Sie hat sich infolge der Pandemie am meisten verändert?

Die Lernbereitschaft, würde ich sagen, war früher höher. Ansonsten glaube ich, positiv hat sich verändert, dass wir Schule geöffnet haben für viele Sachen, die in eurem Alltag sowieso schon da waren. Sei es jetzt mit dem Umgang mit diesen Geräten, mit denen ihr arbeitet, das war vorher im Alltag auch schon da und da hat Schule bisher immer versucht, einen Bogen drumherum zu machen, weil der Umgang schwierig ist. Der ist nach wie vor schwierig, aber jetzt haben wir zumindest mal die ersten Schritte gemeinsam gemacht und das hat sich zum Positiven verändert, weil das Schule langfristig ändert. Das werdet ihr nicht mehr erleben, wahrscheinlich ich auch nicht mehr, dass das ein ganz normaler Gegenstand dann ist, mit dem wirklich als Werkzeug gearbeitet wird. Aber die ersten Schritte sind gemacht, das finde ich nicht schlecht.

Was halten Sie von Tablets im Unterricht?

Ich finde es nur als Heft zu nutzen, um mitzuschreiben, nicht sonderlich hilfreich. Weil ich nach wie vor der Überzeugung bin, dass sich andere Strukturen als lerneffizienter erweisen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich gelernt habe, mit Papier und Stift zu lernen. Aber nichtsdestotrotz steckt in diesen Geräten unglaublich viel, wo wir erst die ersten Schritte machen. Da stecken viele Sachen drin, wo wir als Schule sehr viel auch über spielerisches Lernen rausholen können, wo das Gerät unglaublich viel Potenzial hat. Ich bin da total auf der Seite, wo ich sage, lass es uns ausprobieren, was aber echt schwierig ist, weil wenn man solche Versuche macht, können sie vielleicht auch mal in die Hose gehen. Deswegen bin ich da auch bis zu einem gewissen Grad skeptisch. Denn wenn ein Versuch scheitert, ist immer irgendjemand der Leidtragende. Das will man euch natürlich als Schüler nicht zumuten. Deswegen muss man da eine Balance finden.

Was denken Sie, war das Wichtigste, dass Sie während Ihrer Zeit am VHG verändern konnten?

Ich weiß gar nicht, ob ich großartig verändern wollte. Ich finde es ist wichtig, dass ihr euch als Gemeinschaft seht. Und da will ich gar nicht ändern, sondern da will ich eigentlich bestärken, dass das weiter so geht. Insofern sehe ich da jetzt keinen Änderungsbedarf, sondern das Schwierige ist, wenn man gut ist, auch gut zu bleiben. An die Spitze zu kommen ist nicht schwierig, aber an der Spitze zu bleiben ist tatsächlich echt schwierig. Und da sehe ich schon, dass ich versucht habe, das ein bisschen anzuschieben. Alles andere sind äußerliche Dinge, die man vielleicht wahrnimmt, wo man sagt, da hat sich was verändert, da ist der Raum anders geworden oder sonst irgendwas. Aber viele Sachen spielen wahrscheinlich für euch in eurem Alltag gar nicht so eine große Rolle.

Was zeichnet eine gute Schule für Sie aus?

Es gehört ein richtig gutes Schulgebäude dazu. Richtig gute Lehrer, richtig gute Schüler und bereite Eltern. Das macht eine gute Schule aus. Und dass Schule auch starre Raster verlassen kann. Da tun wir uns als Schule immer noch schwer. Ich hätte gerne mehr von diesen starren Rastern, in denen wir als Schule noch stecken, nicht nur als VHG, sondern als Schule insgesamt, ein bisschen mehr aufgebrochen. Beginnend zum Beispiel mit dem, wie ihr da drinnen sitzt, in diesen Reihen. Das gefällt mir persönlich für meinen Unterricht eigentlich nicht, weil dadurch ein sehr starres Lernraster entsteht. Das macht gute Schule aus, dass man ein bisschen offener an Sachen rangeht und nicht automatisch das, was unsere Eltern schon gelernt haben, übernimmt.

Das sieht man auch in Ihrem Unterricht mit der Gruppenarbeit zum Beispiel. Das machen Sie ja relativ oft. Probieren Sie dadurch das in Ihrem Unterricht umzusetzen?

Sofern ich kann, ja. Also, dazu bräuchte ich mehr Unterricht, aber dazu fehlt mir leider die Zeit, weil die anderen Sachen zu intensiv sind. Also zu viel Zeit kosten, weil sie nicht nur mich betreffen, sondern andere. Das heißt, der Unterricht betrifft euch als Schüler, da bräuchte ich auch mehr Zeit dazu, aber bis zum gewissen Grad, ja versucht man es schon.

Wie meinen Sie hat sich Bildung im Laufe Ihrer Karriere verändert seitdem Sie selbst Schüler waren?

Zu meiner Zeit wurde mehr auf reines Lernen gesetzt. Wir diskutierten auch nicht mit unseren Lehrern. Insofern ist Bildung offener geworden, auch an den Belangen der Schüler näher dran, als es bei uns noch war. Es wird sich auch in die Richtung immer weiter ändern, weil sich natürlich die Realität ändert. Das Gerät selber ist das Beispiel schlechthin dazu, an dem ich es tatsächlich festmachen kann. Bildung reagiert auf bestimmte Zeitströmungen. Muss sie auch, sonst wäre sie keine Vorbereitung fürs Leben. Und das soll sie ja weiterhin bleiben. Und weil sich das Leben verändert, verändert sich Bildung auch. Und damit sind wir jetzt auch wieder bei dem, was ist aus der Biologie? Das Leben verändert sich ständig und dann habe ich solche Sachen automatisch mit drin.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell im Bildungssystem und was glauben Sie, was sich vielleicht noch ändert?

Die Herausforderung ist die Digitalisierung. Und da muss sich ganz schön viel ändern. Also in vielen Bereichen, da denke ich noch nicht mal an KI. Denn für euch wird irgendwann die Frage kommen, warum lerne ich überhaupt noch eine Fremdsprache, wenn irgendwann mein Telefon simultan meine Stimme wiedergeben kann, in einer Sprache, von der ich keine Ahnung habe. Das ist schon irgendwie auch angsteinflößend, weil ist es tatsächlich dann auch das, was ich sage? Ich kann es ja nicht kontrollieren. Aber solche Fragen werden sich irgendwann die nächsten Schülergenerationen stellen. Genauso fragt ihr, warum muss ich jetzt die zweite Ableitung noch können? Ich werde nie wieder etwas mit Mathe zu tun haben. Aber das sind Diskussionen, die schon immer stattgefunden haben, die jedoch jetzt auf einem anderen Niveau und in einer anderen Geschwindigkeit stattfinden. Da muss sich tatsächlich schon vieles ändern, weil sich alles unglaublich über die Digitalisierung beschleunigt.

Wie sehen Sie denn die Zukunft der Schule im Umgang mit KI?

Solche Sachen wie euch Referate zu geben, die dann die KI vorbereitet und die ihr dann toll präsentiert, ist so ein aktuelles Beispiel, wo man fragen kann, warum gebe ich dann noch das Referat? Da muss sich auch der Umgang mit diesen Dingen von unserer Lehrerseite ändern. Ich kann es nicht einfach nur so noch rausgeben, sondern ich muss die Ebene, die eigentlich drüber liegt, mit Schülern gezielt angehen, also welchen Teil des Referats lasse ich mir denn berechtigterweise vorbereiten und welchen Teil lasse ich mir nicht vorbereiten, weil ich da als Mensch besser bin als die Maschine. Und wo arbeiten Mensch und Maschine sinnvoll zusammen? Meine Oma kannte in ihrer Jugend noch kein Telefon oder eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank. Das ist alles eine Selbstverständlichkeit und wir wissen mittlerweile automatisch, wie man damit umgeht. Das war aber ein Lernprozess für die Generation, genauso wie jetzt für uns der Lernprozess ist, mit Dingen wie KI umzugehen. Da müssen wir schauen und anpassungsfähig sein an das, was es gibt und auch die Prüfungsformen entsprechend anpassen und damit den Unterricht entsprechend anpassen. Da ist schon noch viel zu tun.

Sind Sie optimistisch für die Zukunft der Schule?

Sonst würde ich es nicht machen. Zu unserem Beruf gehört immer Optimismus mit dazu.

Freuen Sie sich auf Ihre neue Schule?

Ja, also ich freue mich jetzt tatsächlich, dass ich unter der Woche auch wieder meine Familie sehe. Das habe ich jetzt viele Jahre nicht, also freue ich mich jetzt auch tatsächlich wieder zu Hause zu sein.

Elisa Müller und Philipp Heinrich, 12.07.2024 | VHG-News